Die deutschen Urlauber, die nach Kas kommen, sind meistens Individualreisende, oftmals Taucher oder Wanderer. Es sind aber auch die, die mal zufällig, meist vor vielen Jahren, als Kaş noch klein war, hierher kamen. Sie kommen immer wieder. Andere wiederum machen Urlaub in Kaş, weil ihre Freunde oder Familienangehörige hier wohnen.
Bauchtanzgruppe aus Bremen
Zum siebten Mal waren im September Schüler der Offene Schule Waldau aus Kassel zum Schüleraustausch hier und dieser soziale und kulturelle Austausch ist aus dem Leben in Kaş auch nicht mehr wegzudenken.
Beim Schüleraustausch im letzten Jahr hatte Felicitas eine wichtige Aufgabe. Sie war nicht nur beteiligt, sondern wurde immer wieder zum Übersetzen herbei gerufen, denn sie spricht mittlerweile richtig gut türkisch. „Meine Freundin ist Deutsch-Türkin, meine Schwester und ich sind deutsch, und es macht uns manchmal richtig Spaß deutsch zu sprechen, damit die anderen uns nicht verstehen. Wenn wir aber beim Einkaufen merken, dass uns jemand zuviel Geld abknöpfen will, dann geben wir zu erkennen, dass wir hier leben und dann schämen sich die Verkäufer sehr und behandeln uns wie Türken.“ Felicitas sagt, dass ihr das Leben in Deutschland nicht fehlt, aber dass sie gerne mal mehr shoppen gehen würde oder in ein richtiges Kino. Das deutsche Fernsehen zeigt ja immer was gerade aktuell ist.
Tina aus Göksei hat ein bisschen über ihr Rentnerleben in Kaş berichtet. Seit gut fünf Jahren leben sie mit drei Parteien im „Deutschen Haus“. „Wir fühlen uns in unserem sozialen Gefüge sehr wohl. Einer achtet auf den anderen, ohne, dass man sich gegenseitig zu nahe kommt. Wir teilen uns die Gartenarbeit, helfen uns beim Handwerken und jeder bringt sich mit dem ein, was er gut kann. Mein Mann Harald ist richtig bekannt für sein selbst gebackenes Brot.“ Die Deutschen lieben ihr gehaltvolles Brot, das viele Türken eher als Kuchen bezeichnen, weil es aus mehr Zutaten als nur aus Mehl, Fett, Ei und Wasser besteht.
Die Rentner in Kaş sagen, dass sie hier ein Leben führen können, wie es ihnen in Deutschland nicht möglich wäre. Viele betätigen sich als Künstler und nehmen an Ausstellungen teil. Einige nehmen bei dem Holländischen Portraitmaler Ton Unterricht.
Es gibt regelmäßige Treffen zum Spielen: Sei es Billard, Skat, Tavla (Backgammon), Okey oder andere Kartenspiele. Natürlich feiert man auch zusammen. Mal trifft man sich im kleinen Kreis zum Geburtstagskaffee oder –brunch. Besonders begehrt waren Oldiepartys bei Sadık im Kappadokya, die es aber derzeit nicht gibt. Dafür treffen sich dort viele Nationalitäten, um dort gemeinsam zu essen, denn jeder, der mag darf dort auch mal kochen.
Es gibt für die Rentner aber nicht das rein deutsche Leben, meistens sind ihre Gruppen und Treffen zusammen mit vielen anderen Nationalitäten, die auch in Kaş leben. Tina sagt: „ Unsere Hilfe beruht auf Gegenseitigkeit. Wir haben hier mehr Nähe zu Nachbarn und Freunden als in Deutschland und wir leben mit einer gewissen Gelassenheit. Kaş ist so schön klein, auch wenn es groß geworden ist und sich verändert hat. Früher waren wir als Ausländer etwas Besonderes. Wir wurden von den Türken eingeladen und sie kamen dann auch zu uns. Es gab viel Kontakt zu den Türken, auch wenn wir ihre Sprache nicht konnten, aber heute bestimmen der Tourismus und das Geldverdienen das Leben der Türken. Die zwischenmenschlichen Beziehungen mit uns Ausländern sind weniger geworden.“ Rita sagt: „Wir leben seit 12 Jahren in unserem Haus mit Türken zusammen und sind gut aufgenommen worden. Wir werden als Deutsche voll akzeptiert. Unsere Integration ist gelungen.“
Was die Türkische Sprache betrifft, so klafft das Feld weit auseinander. Es gibt die, die die Sprache richtig gut sprechen, die die sich mühen und beständig lernen, die die es aufgegeben haben, weil Türkisch so schwer ist, und die, die wissen, wer ihnen hilft, so dass eigenes Türkisch nicht wirklich nötig ist.
„Manchmal ist es aber auch schwer, Türkisch anzuwenden, weil es auch ohne Worte geht“, sagt Ulli. „So erscheint, mein Name auf dem Telefondisplay und schon weiß der „Sucu“, der Wasserverkäufer, dass ich wieder Wasser brauche.
Aber wenn ich zu dem Angler „rast gele“ sage, dann staunt er und freut sich!“
Viele der Deutschen nutzen die Gelegenheit die Türkei zu bereisen und sind, so wie Tina, an Archäologie interessiert.
Viele konnten sich hier den Traum vom eigenen Heim am Mittelmeer verwirklichen, aber nicht alle, denn einige waren zögerlich in ihrer Entscheidung für ein Leben in Kaş, so dass die Immobilien zu teuer geworden sind.
Die deutschen Rentner sind in Deutschland krankenversichert und haben ihren Versorgungsstatus in Deutschland, was bedeutet, dass sie fast alle dort noch ein Heim haben.
Auch wenn es hier schön ist und man Deutschland eigentlich nicht vermisst, so pflegen sie dennoch deutsches Brauchtum wie Weihnachten und Ostern. Dann werden die Heime dekoriert und die Kinder lernen auch die christlichen Hintergründe. „Leider ist es so schwer, einen schönen Weihnachtsbaum zu bekommen, deshalb haben wie uns für einen künstlichen entschieden, was für mich in Deutschland undenkbar wäre“, sagt Petra. „Aber meine Kinder und mein Mann kennen es nicht anders und finden, dass unser Baum jedes Jahr wieder wunderschön ist.“
Das wohl sportlichste deutsche Ehepaar sind Margarete und Jochen. Margarete joggt nach Möglichkeit jeden Tag eine Stunde. Jochen, 66 Jahre alt, hat 2010 und 2011 am Schwimmwettbewerb während des „Likya Festival“ teilgenommen und ist im guten Mittelfeld, unter all den jungen Schwimmern, ins Ziel gekommen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat er einen Monat zuvor täglich trainiert.
Da das Essen einen hohen Stellenwert einnimmt, soll auch das erwähnt werden.
Man kocht so wie man es möchte, was einem schmeckt, was die Saison hergibt. Dabei mischen sich deutsche und türkische Gerichte. Viele deutsche Gerichte lassen sich nicht original herstellen, weil es die Zutaten dafür in Kaş nicht gibt. Das frische Gemüse und der frische Fisch bereichern den Speiseplan so, wie man es von Deutschland nicht kennt. Rita und Ulli geben ein wenig Einblick: „Es macht uns Spaß Oliven einzulegen und die schmecken dann richtig gut. Wir machen dann noch ein paar Ölvariationen dazu.“ „Auch lieben wir Leberwurst und Sülze, und weil man sie hier nicht kaufen kann, vermissen wir den Geschmack. Deshalb mache ich sie selbst. In Deutschland wäre ich nie auf diese Idee gekommen“, sagt Rita.
Internet, Telefon und deutsches Fernsehen sind wichtige Kommunikationsmittel, auf die wohl keiner verzichten möchte.
Es gibt sicher noch viel mehr zu erzählen und wahrscheinlich bleiben viele Fragen unbeantwortet, aber eines ist in den Gesprächen, die ich geführt habe, sehr deutlich geworden: Es gibt kein isoliertes deutsches oder europäisches Leben für die Deutschen in Kaş, sondern es ist ein Leben mit den Türken zusammen.